Gesund essen, aber wie? „nutriCARD“ präsentiert Ergebnisse auf der Buchmesse

Von herzgesünderer Leberwurst über Ernährungsmythen bis hin zur interaktiven Koch-Show: Mit einem abwechslungsreichen Programm präsentiert der Universitätsbund Halle, Jena und Leipzig unter dem Motto „Mehr wissen. Besser essen. Gesünder leben“ Ergebnisse ihres Forschungsprojekts „nutriCARD“ auf einem gemeinsamen Forum während der Leipziger Buchmesse, die vom 15. bis 18. März stattfindet. Dr. Tobias D. Höhn, Kommunikationsverantwortlicher bei „nutriCARD“, gibt im Interview mit „campus halensis“ einen ersten Überblick über die Inhalte des reichhaltigen Programms.

Eigentlich reden die Menschen doch ständig übers Essen. Wo liegt hier das Problem?
Tobias Höhn: Mehr als die Hälfte aller Herz-Kreislauf-Erkrankungen lässt sich auf eine falsche Ernährung zurückführen. Wenn wir über Ernährung reden, gibt es in Deutschland wohl gut 80 Millionen Experten, denn jeder von uns trifft täglich rund 200 Ernährungsentscheidungen – und viele glauben, sich gesund zu ernähren. Es kursieren wöchentlich widersprüchliche Meldungen in den Medien – einmal ist Kaffee gesund, dann wieder schädlich. Außerdem gibt es viele Heilsversprechen, etwa in Bezug auf sogenannte Super-Foods. Deshalb suchen viele Menschen Rat im Internet. Dort finden sie eine Fülle an Informationen, die häufig nichts mit evidenzbasierter Forschung zu tun haben. Sie bewegen sich in ihrer eigenen Filterblase. Diese Wissenslücke wollen wir im Kompetenzcluster „nutriCARD“ mit Expertenwissen aus unterschiedlichen Disziplinen füllen und der Bevölkerung praktisch vermitteln.

Woran arbeiten Sie bei „nutriCARD“ genau?

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, das Ernährungsverhalten und damit die Gesundheit der Bevölkerung langfristig zu verbessern und arbeiten dafür auf drei Ebenen: Wir betreiben Grundlagenforschung beispielsweise zur Wirkung und Sicherheit von Nährstoffen. Wir analysieren und bewerten Lebensmittel und entwickeln verbesserte, sogenannte reformulierte Lebensmittel. Ein drittes Feld ist die Kommunikation: Wie lässt sich das Wissen über gesündere Ernährung nachhaltig an die Bevölkerung vermitteln? Dazu haben wir Konzepte vom Kleinkindalter über Kindergärten und Schulen bis zur Außer-Haus-Verpflegung, aber auch Apps entwickelt. Das Stichwort ist hier Verbraucherbildung. Unser Motto: Gesunder Genuss ohne Verzicht. Denn wenn es nicht schmeckt und die Empfehlungen nicht verständlich oder nicht praktikabel sind, werden es die Verbraucher nicht akzeptieren.

Viele Forscher arbeiten die meiste Zeit im Labor – warum suchen Sie bei der Leipziger Buchmesse gezielt die Öffentlichkeit?

Uns ist es eine Herzensangelegenheit, dass unsere neu gewonnenen Erkenntnisse nicht nur in internationalen Fachzeitschriften auf Resonanz stoßen, sondern in die Bevölkerung gelangen. Unser Credo: Vom Wissen zum Handeln. Wir wollen die Menschen nicht umerziehen und auch nichts verbieten. Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass derartige Ansätze wenig bringen. Wir setzen stärker auf Prävention und Verbraucherbildung. Unsere Ergebnisse sollen zeigen, dass gesunde Ernährung nicht nur lecker sein kann, sondern auch in der Praxis leicht umzusetzen ist. Das haben wir beispielsweise in einer Humanstudie bewiesen. Während der Buchmesse präsentieren wir deshalb Rezepte zur gesünderen Ernährung. Und wir sprechen auch über Ess-Ideologien, Super-Foods und andere Ernährungstrends.

Was können die Besucher an Ihrem Stand ausprobieren? Gibt es auch etwas zum Kosten? 

Wenn wir über Ernährung sprechen, wird es natürlich auch etwas zu essen geben: Gleich nach der Eröffnung durch die Magnifizenzen der drei Universitäten und die Vorstellung des Clusters durch das Steuerungsgremium wird uns der Fernsehkoch Christian Henze zeigen, wie man nicht nur lecker, sondern auch gesund kochen kann. Dazu gibt es einen „Talk am Kochtopf“ mit unserem nutriCARD-Clustersprecher Prof. Dr. Stefan Lorkowski von der Universität Jena und mir. Gemeinsam wollen wir in den Kochtopf schauen, Fakten und Tipps präsentieren und das Publikum auf den Geschmack einer herzgesünderen Ernährung bringen.Am Sonntag findet ein großes Panel mit einigen „nutriCARD“-Forschern und Vertretern der regionalen Ernährungswirtschaft statt. Dort präsentieren wir die an der Universität Leipzig entwickelte herzgesündere Leberwurst, die ein Drittel weniger Fett als die handelsübliche Ware hat, dafür aber reich an mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren ist und mindestens genauso gut schmeckt wie die Konkurrenz. Ein Unternehmen in Sachsen hat sie sogar schon auf den Markt gebracht. Außerdem präsentieren und kochen wir Rezepte, die im Rahmen von nutriCARD entwickelt wurden.

Was erwartet die Besucher noch?

Wir haben viele Vorträge hochkarätiger Wissenschaftler im Programm, die den Besucherinnen und Besuchern aktuelle Forschungsbefunde wohl portioniert und leicht verständlich näherbringen werden. Zudem haben wir auch Gäste eingeladen, die ihren eigenen, mitunter auch kritischen Blick auf das Thema Ernährung haben. Mit ihnen wollen wir ebenso diskutieren, wie natürlich auch das Publikum zu Wort kommen lassen. Die Themenpalette ist breit: Von Ernährungstrends und -mythen über krankhaftes Essverhalten, Gift in Lebensmitteln oder die Diskussion um Nahrungsfette und Cholesterin bis hin zu kulturhistorischen Fragen oder der richtigen Ernährung von Tieren. Alle Veranstaltungen basieren auf wissenschaftlichen Studien und Erkenntnissen, unser Programm hat aber nicht den Charakter eines Fachsymposiums. Einige Vorträge beinhalten zum Beispiel Quizelemente – für Kinder und Jugendliche sowie Familien mit Kindern bieten wir zudem einen interaktiven Sinnesparcour oder ein Quiz rund um Zucker und Energieverbrauch an mehreren Tagen an. Nicht zu vergessen: In einer Dauerausstellung präsentieren wir kompakt Forschungsarbeit aus fast drei Jahren.

Über „nutriCARD“

Im Jahr 2015 ist der Kompetenzcluster „nutriCARD“ als interdisziplinäres Forschungsprojekt der im mitteldeutschen Universitätsbund kooperierenden Universitäten Halle, Jena und Leipzig gestartet. An den drei Standorten arbeiten rund 40 Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen an 27 Forschungsvorhaben, hinzu kommen weitere rund 70 Partner aus Wissenschaft, Medizin, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert die erste Phase bis April 2018 mit rund fünf Millionen Euro; eine zweite Förderphase ist beantragt. Unterstützt wird nutriCARD von der mit 2,7 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Nachwuchsgruppe „Nutritional Concepts“. Ziel von „nutriCARD“ ist es, die Herz-gesundheit der Bevölkerung nachhaltig zu verbessern. Der Aufbau eines mitteldeutschen Zentrums für Ernährung und Prävention von Stoffwechselerkrankungen ist ein langfristiges Vorhaben des Clusters.Zur Website: www.nutricard.de